Eigentlich wollte ich gar keine Rezension zu Petra Hartliebs Roman „Meine wundervolle Buchhandlung“ schreiben. Nicht, weil es mir nicht gefallen hätte; das nicht. Aber ich fand es auch nicht sonderlich überragend. Nun, da ich überll lese und höre, wie unglaublich toll und gut dieses Buch sei, muss ich jetzt doch ein paar Worte dazu schreiben.
Auch wenn die Geschichte sicher inzwischen bei den meisten hinlänglich bekannt ist, will ich sie noch einmal kurz umreißen. Petra Hartlieb und ihr Mann kaufen etwas überstürtzt und in einem Anflug äußerster Spontanität eine Buchhandlung in Wien. Da die beiden in Deutschland leben und auch zwei Kinder haben, ist das Chaos komplett, als sie beschließen, dass direkt vor der Tür stehende Weihnachtsgeschäft zu nutzen, um den Laden zum Laufen zu bringen. Das bedeutet, Umzug, Jobs kündigen und auf nach Wien.
Wirklich witzig und schwungvoll erzählt Petra Hartlieb die Geschichte der Buchhandlung. Schon zu Beginn musste ich sehr herzlich lachen, deshalb habe ich es mir gekauft (wahrscheinlich denken nun alle: ein Buch über Bücher muss man als Buch kaufen – weit gefehlt, ich kaufte das eBook für den Kindle).
Ich habe auch lange weiter gelacht, dann irgendwann ab der Mitte eher mal geschmunzelt, zum Schluss wollte ich es einfach nur noch zu Ende lesen. Das Probelm war: es war mir einfach irgendwann zuwider, ständig die Schimpfereien zu lesen, über Amazon Gemecker zu lesen – und ehrlich gesagt, will ich gar nicht wissen, wie angestrengt Buchhändler von Kunden in der Weihnachtszeit sind, wie wenig sie verdienen, wie müde sie oft sind und wie entnervt. Ich glaube, es kam auch noch hinzu, dass ich genau das auch wirklich oft in kleinen Buchläden merke: man kommt rein und die Besitzer oder angestellten Buchhändler wirken abgeschlagen, sind genervt und -wenn man keine Stammkundin ist (die man ja durchaus mit einem Buch-Euro-Umsatz von einigen hundert Euro im Jahr werden könnte) – fühlt man sich auch nicht sehr willkommen. Wenn ich die kleinen, unabhängingen Buchläden der letzten Jahre zusammenzähle, dann gab es eine von zehn Buchhandlungen, die an mir als Neukundin offen interessiert schien und bei der ich dann auch viele Jahre kaufte, bis ich wegzog.
Auch die Buchläden, die die Büchertische bei Lesungen betreuen (ebenfalls Thema im Buch), erlebe ich meist ablehnend und wartend, ob man was kauft. Sie schauen einem schon an mit dem Blick „Ach, sie kaufen ja höchstens das akutelle Werk, um es sich signieren zu lassen.“ Ja, tue ich – und danach habe ich sicherlich auch kein Interesse daran, mich an meinem freien Tag auf dem Weg zu einer Buchhandlung mit depressiv strukturierten Mitarbeitern und ohne Parkmöglichkeit zu machen, um mich wieder blöd anschauen zu lassen.
Und genau das, was ich da so fühle und erlebe, spürte ich auch beim Lesen dieses Buches.
Ich muss ganz ehrlich sagen: Dann gehe ich lieber her, kaufe meine Bücher bei Amazon und krieg sie hierher geliefert. Hier ist die Lieferung meist mit einem netten Gespräch mit Mitbewohnern/-arbeitern des Hofes verbunden. Oder ich gehe zu Thalia oder Hugendubel, bei denen ich vorher online schauen kann, ob die Bücher vorrätig sind, deren Angestellten mich stets freundlich empfangen und für mich den Laden auf den Kopf stellen, wenn ich ein Buch suche, das da sein müsste, ich es aber nicht finden kann.
Außerdem fehlte dem Buch meiner Meinung nach der rote Faden. Plötzlich wechselte für meine Gefühl mit Beginn eines Kapitels ohne Überleitung das Thema. Das traf mich dann etwas unvorbereitet und irritierte mich. Ich hatte auch den Eindruck, dass dies mit voranschreitender Seitenzahl zunahm.
Hm…. nun, wie erwähnt, ich fand das Buch okay. Aber ich habe mich auch geärgert und mich an der ein oder anderen Stelle bestätigt gefühlt, was meine Einstellung zum Buchhandel angeht. Ich glaube, das war bisher meine emotionalste Rezension. 🙂
Bleibt mir gewogen,
Eure Mina
27 Jan 2015 at 21:14
Liebe Mina,
ich hatte auch nicht die geringste Lust „Meine wundervolle Buchhandlung“ zu besprechen – und ich BIN Buchhändlerin! Mir war der Tonfall zu erfolgsverwöhnt-selbstgefällig, der Schreibstil zu gehetzt und die Erwähnung von echten Buchentdeckungslieblingen viel zu mager und es gab mir zu viele Anglizismen.
Vielleicht magst Du einmal eine amüsantere buchhändlerische GESTIMMTHEIT auf meinem Blog nachlesen:
https://leselebenszeichen.wordpress.com/2014/11/05/abschweifung-nr-1/
Natürlich will ich Dich damit nur wieder von der Konzernkrake mit A weglocken und in eine „anständige“ Buchhandlung entführen (siehe dazu auch meine Rubrik: Bemerkungen zum Buchhandel).
Bibliophile Grüße
Ulrike von Leselebenszeichen
28 Jan 2015 at 13:34
Hallo noch einmal!
Ja, das habe ich auch gestern im Zug schon gelesen und fand es sehr schön, was Du da geschrieben hast.
Hier ist es wirklich bisher so, dass ich ausschließlich merkwürdige bis wenig freundlich-offene Buchhändlerinnen in den kleinen, unabhängigen Buchhandlungen kennenlernen durfte. Bei Thalia hatte ich zwar auch das Problem à la „E-Mail für Dich“: „Guten Tag, ich suche das Kinderbuch XY.“ „Aha – wie schreibt man das?“ „Also A wie Anton…“ „Hm. Wer ist denn der Autor?“ „Das weiß ich leider nicht!“ „Hm. Ich fürchte ich kann Ihnen nicht helfen!“ – aber, da konnte ich dann selbst kurz im Netz recherchieren und das Buch finden und sogar sagen: „Sie haben es da!“ Und dann haben wir es gemeinsam gesucht und gefunden und jeder war glücklich. Oder aber bei Hugendubel, wo wirklich alle Angestellten den gesamten Laden auf den Kopf stellen, wenn man nach einem Buch sucht.
Ich habe auch in den kleineren Buchhandlungen oft den Eindruck, dass ich nicht das lese, was sie dort für „gute Bücher“ halten und sie mich daher auch nicht als spannende Kundin empfinden. Echt doof. 😦
28 Jan 2015 at 21:24
Werte Mina,
es ist bedauerlich, daß Du so uneinfühlsame Erfahrungen mit diversen Buchhandelsvertretern gemacht hast.
Ich bin nicht der Auffassung, daß Kunden für mich spannend sein sollen. Klar gibt es Kunden, mit denen ich mehr gemeinsame Lesewellenlängen teile und Kunden, die Bücher mögen, die ich nicht lesen mag; jedoch eine grundsätzliche achtsame und empathische Würdigung JEDES Kunden finde ich wichtig.
Diese Haltung habe ich mir von meinen „alten“ Kollegen und Kolleginnen abgeschaut und nun ist es einfach eine ganz selbstverständliche und unangestrengte VerhaltensWEISE für mich.
Eine gute Buchhändlerin sollte neugierig und aufgeschlossen für Bücher, Geschichten, Kultur, Natur, Menschen, Gefühle, Gedanken und das Leben sein – so ensteht ein konstruktiver Kreislauf wechselseitiger Inspiration.
Idealistische Grüße
Ulrike von Leselebenszeichen
28 Jan 2015 at 21:42
Liebe idealistische Ulrike,
danke für Deine Worte. Du sprichst mir da aus dem Herzen.
Herzlichst,
Mina