Das war vielleicht ein turbulentes Buch! Es fing schon damit an, dass es mich regelrecht überfallen hat. Es fiel mir entgegen. Wollte unbedingt gelesen werden, drängte sich mir auf! Und das bei dem Thema! Mir wurde – nicht nur einmal – unheimlich.
„Die Poeten der Nacht“ erzählt uns von Niall, einem jungen Studenten am Trinity College, der als Stipendiat eigentlich einen erfolgversprechenden Weg vorgezeichnet hat. Wären da nicht Sarah und John und das Orakel der Bücher. Die drei verfallen immer mehr einem mysteriösen Spiel, das sich Sortes nennt: Man stellt laut eine Frage, nimmt ein Buch in die Hand, blättert durch das Buch, schlägt eine Seite auf, lässt den Finger über eine Seite gleiten und dort wo man willkürlich stehen bleibt, beginnt man zu lesen. Die gelesene Textpassage wird dann auf dem Hintergrund der Frage analysiert.
Beispiel gefällig? Nun gut. Dann gehe ich mal zum Live-Experiment über (ich finde das gerade gruselig und bin sehr gespannt, was dabei herauskommen wird).
Frage: „Warum mache ich das alles hier?“ (Frage auch laut ausgesprochen, jetzt begebe ich mich zu meinen Bücherregalen…)
Buch: „Die Totenleserin“ von Ariana Franklin
Antwort: Seite 243
Was sich hier abspielte, war nicht das gesittete, Fingerspitzen haltende, Zehen streckende, schwierige Tanzen der vornehmen Gesellschaft von Salerno. Von Eleganz konnte hier keine Rede sein. Diese Leute aus Camebridge hatten keine Zeit für Tanzunterricht, sie tanzten einfach. Unermüdlich, unaufhörlich, mit Schweiß und Ausdauer, mit Eifer, getrieben von wilden uralten Göttern. Ein Stolpern hier und da, eine falsche Bewegung, na und? Zurück in den Kampf, tanzen, tanzen.
Ha! Das ist doch unglaublich. Wie da passt! Wie das zu mir und meinem Blog passt! Ich gebe zu, meine Frage war dann doch recht schwammig gestellt. Aber die Antwort finde ich so treffend! Ich beachte keine gleichbleibenden Regeln, ich schreibe keine sprachlich ausgefeilten Beiträge, ja – ich blogge ja nicht mal über die Literatur, die ich lese, sondern meist nur über die Triviallitertur, die ich so weglese. Und ich mach es gern. Es entspannt mich, es macht mir Freude. In meinem Beruf muss ich genug analysieren, nachdenken, feilen – hier tanz ich einfach und zwar so wie es mir gefällt! 🙂
Doch zurück zum Buch, das ich gerade schon etwas aus den Augen verloren habe:
Niall, John und Sarah können schon bald keine eigenen Entscheidungen mehr treffen. Für jede Frage ziehen sie ein Buch zu Rate. Sie schlafen kaum, vernachlässigen ihre universitären, zwischenmenschlichen und beruflichen Pflichten. Manche Aussagen aus den Büchern scheinen wirklich mystisch, was das Buch um so spannender macht.
Das Unheimliche daran war für mich, dass sich dieser Sog, dieses nicht mehr schlafen können und immer mit der Nase im Buch (in einem Buch) stecken zu müssen, auf mich übertragen hat. Ich konnte dieses Buch nicht weglegen. Ich musste es immer weiter lesen. So schnell bin ich schon seit sehr langer Zeit nicht mehr durch ein Buch geflogen. Nicht enimal durch mein letztes Highlight-Buch „Das Teufelsloch“.
Den Schluss des Romans fand ich ein bissel merkwürdig. Es hörte für mich sehr plötzlich auf und ich fürchte, ich habe den Schluss auch nicht verstanden. Aber das fand ich nicht weiter schlimm.
Warum das Buch bei Amazon so schlechte Bewertungen bekommen hat, kann ich nicht nachvollziehen. Ich würde es jedem in die Hand drücken.
Erschienen sind die „Poeten der Nacht“ von Barry McCrea 2008 im Aufbau Taschenbuch Verlag. Zur Zeit ist es nur noch gebraucht erhältlich; kann sich aber auch gerne bei mir geliehen werden.
20 Feb 2015 at 23:00
klingt interessant! Ich hab übirgens grade die Pfaueninsel beendet 🙂 Herzensgruß
21 Feb 2015 at 12:17
Oh, toll!
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