Esther Freud ist die Urenkelin Sigmund Freuds und Tochter des Malers Lucian Freud. Marrakesch war ihr erstes Werk, das sich autobiographisch wie auch die späteren Werke mit dem Verlust der Heimat beschäftigt. Freud ist innerhalb weniger Jahre zu einer der angesehensten Schriftstellerinnen ihrer Heimat Großbritannien aufgestiegen. Ihre Werke sind kritisch und berührend zugleich.

Marrakesch handelt von der jungen Julia, die mit ihren beiden kleinen Töchtern Bea (7) und der jüngeren Lucy (4) in den 70igern auf der Suche nach Liebe, Freiheit und Wahrheit nach von London nach Marrakesch reist. Sie ist auch auf der Flucht vor den Gefühlen, die sie immer noch für den Vater ihrer Kinder hegt, was sie sich jedoch nicht eingestehen will. Julia schlägt sich durch den marokkanischen Alltag, in dem sie Puppen näht, die sie aber kaum verkauft bekommt. Ständig hoffend, dass der Vater der Kinder einen Scheck sendet, damit sie Essen und das Nötigste kaufen kann, lebt sie von Tag zu Tag. Die kleine Lucy vermisst ihren Vater und hängt sehr an ihrer Mutter, während die etwas ältere Bea sich immer wieder neu von der Mutter distanziert, wütend auf den versagend Vater ist und früh „erwachsen“ wird und von der Mutter fordert, mit den anderen Kindern zur Schule gehen zu dürfen. Eines Tages lernen sie den Straßenkünstler Bilal kennen, in den sich Julia verliebt und mit dem sie sich auf eine Reise durch Marokko begibt. In ihrer Hingabe für das Land und Bilal verliert Julia zunehmend das Wohl ihrer Kinder aus den Augen. Erst als die junge Bea erkrankt und fast daran stirbt, da die Medikamente fast unerschwinglich sind, erwacht sie und überlegt, wie sie nach zwei Jahren aus dem einem Land von 1001 Nacht wieder zurück in die westliche Zivilisation findet und reist am Ende nach „Hause“.

Mich hat die Geschichte wahnsinnig bewegt, da ich sowieso eine große Affinität zu Marrakesch habe. Die Abende auf dem Dejmaa el Fna, der großen Dampfküche Marrakeschs haben mich schon immer in ihren Bann gezogen.
Sehr interessant fand ich aber auch, wie selbst zwei Generationen nach Sigmund Freud, seine Familie noch immer ihre Lebensgeschichte durch Narrative verarbeitet. Sehr beachtlich. Und es zeigt nur einmal mehr, welch große Erzähler aus der Familie Freud hervorgingen. Ich bin gespannt auf weitere Werke von Esther Freud.

Es gibt auch eine Literaturverfilmung mit Kate Winslet in der Hauptrolle.