„To beginn at the beginning: It is spring, moonless night in the small town,
starless and bibleblack, the cobblestreets silent and the hunched,
courters‘-and-rabbits‘ wood limping invisible down to the sloeblack, slow,
black, crowblack, fishingboat-bobbing sea.“

Und wieder so eine wundervolle und zugleich wiederum unerwartete Hörspielentdeckung machte ich mit Dylan Thomas‘ Under Milk Wood, zu deutsch „Unter dem Milchwald“. Der Hörverlag brachte zum 100. Geburtstag des Schriftstellers im Juni 2014 diese wunderschöne Ausgabe heraus:

Milchwald

Ist das nicht fantastisch gestaltet? Ich liebe dieses Cover!

Doch noch wichtiger als die hübsche Covergestaltung ist natürlich der Inhalt des Hörspiels. Der Hörverlag hat drei bedeutende Hörspiele der Rundfunkgeschichte herausgesucht und sie gemeinsam auf sechs CDs veröffentlicht:

Einmal handelt es sich dabei um die Hörspielfassung der BBC von 1963 bei der Richard Burton eindringlich und gänsehauterzeugend das Spiel einleitet, in dem er die oben abgedruckten Worte spricht.

Außerdem eine Fassung des MWDR von 1954, die ich als erstes hörte, da ich mich a) nicht direkt an die englische Fassung herantraute, und b) befürchtete, dass mich die dritte Fassung (MDR 2003) mit Harry Rowohlt so einnehmen würde, dass die besagte von 1954 gar keine Chance bei mir hätte. Im Nachhinein kann ich das bestätigten. Mir hat die MWRD-Fassung direkt gut gefallen. Zwar habe ich etwas gebraucht, dem Stimmengewirr zu folgen und mich auf das temporeiche Hörspiel einzulassen, doch dann lauschte ich ganz gebannt den Ereignissen. Als ich dann, einige Zeit später, die Fassung von 2003 mit Harry Rowohlt hört, war es aber noch einmal mehr um mich geschehen. Stellt Euch Harrys Brummbärstimme vor, während er liest:

„Anfangen, wo es anfängt: Es ist Frühling, mondlose Nacht in der kleinen Stadt, sternlos und bibelschwarz, die Kopfpflasterstraßen still, und der geduckte Liebespärchen- und Kaninchenwald humpelt unsichtbar hinab zur schlehenschwarzen, zähen, schwarzen, krähenschwarzen, fischerbootschaukelnden See.“

MilchwaldIIIch verharrte in unbequemer Position vor dem Player, nur weil ich nichts verpassen wollte. Ehrlich gesagt, kann ich mir nur schwerlich vorstellen, wie die Hörbuch- und Hörspielwelt zukünftig ohne Harry Rowohlt zurecht kommen soll…

Nun, zuletzt hörte ich die englische Fassung. Ich muss gestehen, dass mein Englisch nicht geübt genug gewesen wäre, um das Stück als erstes auf Englisch zu hören. Doch nach zwei Durchgängen auf Deutsch konnte ich dem englischen Hörspiel besser folgen und muss sagen, dass Richard Burton einen ähnlichen Hörsog auzulösen vermochte wie Harry Rowohlt.

Besonders angetan bin ich nach wie vor von den verwendeten Alliterationen, die gerade zu Beginn des Hörspiels mit voller Wucht zur Geltung kommen. Wie grandios muss ein Schrifsteller sein, um auf die Idee zu kommen, zu schreiben:

„down to the sloeblack, slow,
black, crowblack, fishingboat-bobbing sea“?

Übersetzt hat es übrigens unter anderem Erich Fried. Ich kann mir kaum einen anderen Übersetzter vorstellen. Wer Frieds Werk ein wenig kennt, weiß, dass nur er aus dem Zitat eine so gelungen schwermütig schwingende Übersetzung hinbekommt:

„hinab zur schlehenschwarzen, zähen, schwarzen, krähenschwarzen, fischerbootschaukelnden See“.

Inhaltlich geht es letztlich um alle, was ins Dorfleben gehört – naja, mit ein paar verrückten oder geisterhaften Geschichten obendrauf. Besonders in Erinnerung blieb mir Mr. Pugh. Dieser würde gerne seine Frau vergiften, mit Arsen. Aber leider bringt er ihr doch immer nur Tee ans Bett. Auch schön sind die Liebesbriefe zwischen zwei Figuren, Mr. Mog Edwards und Miss Price. Und an irgendeiner Stelle, ziemlich am Anfang gibt es eine Unterhaltung mit toten Seemännern und über deren Aufgaben nach dem Aufstehen. So skurril das klingt, so beglückt habe ich zugehört.

Die Hörspiele sind wie erwähnt bei der Hörverlag als 6 CD-Ausgabe erschienen und können für €24,99 über den Buchhandel bezogen werden.

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