Nachdem gefühlt auf allen Blogs und Social Media-Kanälen die Lobeshymnen zu Benedict Wells neuen Roman „Vom Ende der Einsamkeit“ langsam weniger laut, aber dennoch weiterhin begeistert klingen, möchte ich endlich den Tag nutzen, um meine Eindrücke zu diesem Werk in Worte zu fassen.

Benedict WellsBenedict Wells neuer Roman erschien im Februar 2016 im Diogenes Verlag. Ich entschied mich für die Hörbuch-Version, gelesen von Robert Stadlober.  Erzählt wird dem Leser die Geschichte von drei Geschwistern, die ihre Eltern durch einen Unfall verlieren. Der jüngste Bruder, Jules Moreau, nimmt uns mit auf eine rückblickende Reise durch sein Leben und das seiner Geschwister Liz und Marty. Auch Alva, Jules engste Freundin aus Jugendinternattagen, dürfen wir durch ihn durchs Leben begleiten.

Die drei Geschwister entwickeln sich nach dem Tod der Eltern sehr unterschiedlich. Jules, einst stark und selbstbewusst, verliert sich in sozialem Rückzug und Traumwelten, in denen ihm nur Alva begegnen kann. Gleichzeitig bleibt aber zwischen beiden stets eine spürbare Distanz. Liz gerät zunehmend auf die schiefe Bahn und scheint sich dieser ohnmächtig gegenüber zu sehen, ohne Chance, ihr zu entrinnen. Marty wird zum smarten erfolgreichen Mann, der jedoch immer etwas abwehrend oberflächlich zu bleiben scheint.

Alva, die rothaarige Freundin Jules, und er verlieren sich im frühen Erwachsenenalter aus den Augen und begegnen sich irgendwann nach dem 30. Lebensjahr wieder. Stellen dann aber fest, dass sie noch Geheimnisse in sich tragen, die der andere nicht kennt. Vor allem Alva, vertraut sich erst viele Jahre später wirklich dem Freund aus Jugendtagen an.

 

Vielleicht muss ich anmerken, dass ich mir „Vom Ende der Einsamkeit“ schon vor den großen Ankündigungen und dem ganz Hype um das Buch aus dem Verlagsprogramm ausgeschaut hatte. Und ich muss auch dazu sagen, dass ich Benedict Wells bisher gar nicht kannte. Seine Vorgängerromane, allen voran der viel gerühmte Roman „Becks letzter Sommer“, habe ich nie gelesen und würden mich auch noch immer nicht ansprechen. Die jeweilige Thematik interessiert mich einfach nicht so sehr. Anders war dies bei „Vom Ende der Einsamkeit“. Da sprach mich der Titel und die Handlungsangabe direkt an.

Ich kenne den Tod schon lange. Doch jetzt kennt der Tod auch mich!

Was ich entdecken durfte war eine Geschichte voller Gefühl und Intensität, ohne dass es jemals kitschig, überzogen oder unglaubwürdig gewirkt hätte. Selbst die absurdestens Ideen der Geschwister, einander wieder näher zu kommen, wirken ehrlich und vorstellbar in ihrer verzweifelten Absurdität. Die Geschichte zwischen Alva und Jules ist so tragisch schwer, dass sie mir beim Hören manchmal den Atmen nahm. Zwei Seelen, die sich noch so viel mehr helfen könnten, dürften sie einander ohne den Schmerz der Vergangenheit begegnen!

Der 1982 geborene Robert Stadlober weiß gekonnt Jules Geschichte einzulesen. Mal erwachsen, nachdenklich, dann wieder jugendlich beschwingt oder sogar einsam und fern wirkend, klingt seine Stimme passend zu den jeweiligen Erzählsträngen, die Benedicts Wells über viele Jahre niederschrieb. Ich möchte soweit gehen zu sagen, dass ich das Buch durch die Lesung von Robert Stadlober noch besser fand. Er trug mich gerade zu Beginn der Geschichte, über ein paar gefühlte Längen gut hinweg, so dass ich mich fallen lassen konnte, die Augen schloß und seinen Worten lauschte. Besonders mochte ich, dass es ihm gelang, Sätze am Ende so sachte verklingen zu lassen, dass man deren inhaltlichen Bedeutung noch ein wenig nachsinnen konnte….

Ihr merkt es schon, liebe Leserinnen und Leser, ich bin sehr angetan von Benedict Wells neuem Roman und spreche hiermit vor allem eine klare Hörempfehlung aus!

Hier könnt Ihr übrigens eine Lovelybooks Lifestream Lesung verfolgen, in der Benedict Wells selbst Jules eine Stimme verleiht.

Sowohl Buch als auch Hörbuch erschienen im Diogenes Verlag. Das Buch ist im Handel in der gebundenen Ausgabe für €22,00 zu haben, die Hörbuchversion, gelesen von Robert Stadlober, kostet €25,00.

 

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