Am 12. Juli wäre Henry David Thoreau (1817-1862) 200 Jahre alt geworden. Ein guter Zeitpunkt, um endlich mein Vorhaben über „Walden“ zu schreiben, in die Tat umzusetzen. Seit bestimmt einem Jahr überlege ich, darüber zu schreiben. Über eines meiner Bücher der Bücher, da es so treffend darlegt, warum ich selbst im Wald lebe, was ich daran schätze und warum ich diesen Wohnort gewählt habe.

Vor einigen Wochen habe ich nun doch das Hörbuch „Wo und wofür ich lebte“ beim Diogenes-Verlag angefragt und es inzwischen mehrfach gehört. „Wo und wofür ich lebte“ stellt eine Zusammenstellung von Auszügen aus „Walden“ dar.

Doch worum geht es in „Walden oder Leben in den Wäldern“? Henry David Thoreau gehörte zu einer Gruppe Schrifsteller um den amerikanischen Autor und Philosophen Ralph Waldo Emerson (1803-1882). Beide, Emerson und Thoreau beschäftigten sich in ihrem Leben viel mit der Natur, dem Menschen in der Natur. So kam es, dass Emerson Thoreau anbot, auf einem Waldstück am Walden-See bei Concord, Massachusetts, eine Blockhütte zu bauen, um dort für einige Zeit zu leben. Aus diesem „einige Zeit“ wurden letztlich zwei Jahre. Thoreau sagte dazu, und dass ist wohl eines seiner bekanntesten Zitate:

„Ich wollte tief leben, alles Mark des Lebens aussaugen, so leben, dass alles, was nicht Leben war, in die Flucht geschlagen wurde.“

Mein Häuschen im Wald

Ähnlich empfand ich, als ich vor einigen Jahren in den Wald zog. Doch blieb ich. Ich hatte damals gerade meinen Mann an eine sehr schwere, lang andauernde Krankheit verloren und fühlte mich selbst verloren – und leblos. Doch ich war noch da; das Leben floss noch durch mich – nur spürte ich es nicht mehr. Als ich das Häuschen, in dem ich heute lebe, damals erblickte, wurde eine Sehnsucht aus Kindheitstagen in mir wach. Denn schon als Kind wollte ich in den Wäldern leben, wollte nie nach Hause, wenn wir einmal im Monat einen Ausflug in den Odenwald machten… der Zufall… oder das Schicksal wollten es, dass die Vermieter des Hauses neue Mieter suchten. Ich mietete das Haus ungesehen. Ich hatte keine Ahnung, wie groß es war, wie es aufgeteilt oder ausgestattet sein könnte – ich wollte es auf jeden Fall. Egal, was mich darin erwarten würde. Das war vor nun bald vier Jahren. Und ich hoffe, noch lange bleiben zu können. Ein Leben außerhalb des Waldes kann ich mir nur noch schwer vorstellen. Allerdings spielt hierbei sicherlich eine Rolle, dass ich nicht alleine auf diesem Fleckchen Erde wohne. Anders als Thoreau, der abgeschiedener, jedoch auch nicht gänzlich ohne Kontakte lebte, lebe ich zwar in meinem Haus alleine, doch auf dem Gelände befindet sich ein weiteres Gebäude. Wir sind eine Hofgemeinschaft von derzeit sechs Menschen und fünf Katzen. So kann ich immer in der Natur, stets für mich, aber nie allein sein. Für mich die schönste Form des Lebens.

Teich in der Nähe
Brücke am Teich

Betrachtet man die Google Maps-Karten vom Walden See, Concord, Massachusetts und die unseres Hofes bei Darmstadt fällt auf, dass wir ähnlich „liegen“. Während Thoreaus Hütte direkt am See lag, ist „unser“ See jedoch circa 400 Meter entfernt. Ein kleiner Anglerteich, an dem es sich jedoch zu jeder Jahreszeit herrlich verweilen lässt.

In seinem Werk „Walden oder Leben in den Wäldern“ hielt Thoreau seine Zeit am Walden See fest. Begonnen mit den Kosten für den Bau seiner Hütte, über die Auseinandersetzung mit landwirtschaftlichen Tätigkeiten, die ihm es fast ermöglichten, autark zu leben. Doch darüber hinaus reflektierte Thoreau in Walden neben dem Leben in und mit der Natur menschliche Gemütszustände wie die Einsamkeit oder auch den Wert des Lesens. Aus diesem philosophisch, wirklich gut zu lesenden Werk (denn Thoreau hatte eine eingängige Erzählsprache, der man sich einfach hingeben kann) wurden für das Hörbuch „Wo und wofür ich lebte“ vier „Kapitel“ herausgenommen.

Im ersten Teil des Hörbuchs liest Burghart Klaußner in wunderbar ruhiger, einen umhüllenden Art Thoreaus Gedanken zur Einsamkeit vor. Hier möchte ich wieder eine Verbindung zwischen Thoreau und mir herstellen, denn empfinden wir ähnlich. Er beschreibt hier den Umstand, wie schön es sein kann und wie notwendig für ihn (und für mich), mit sich selbst zu sein. In einem späteren Teil schrieb er über das Lesen. Und hier habe ich sehr herzlich gelacht. Thoreau konnte sich herrlich in das, womit er sich beschäftigte vertiefen und in Unarten der Gesellschaft hineinsteigern und sich darüber empören. Wer also glaubt, „Walden“ sei lediglich ein Werk, das besonnen und ruhig daher kommt, der irrt!

„Als ob man die Zeit totschlagen könnte, ohne die Ewigkeit zu verletzen.“

Das Hörbuch ist, wie bereits erwähnt, von Burghart Klaußner eingelesen worden. Der 1949 geborene Berliner ist Schauspieler, Hörbuchsprecher, Sänger und Theaterressigeur. Unter anderem liest er die Bücher Ferdinand von Schirachs ein oder aber „Den großen Gatsby“ von F. Scott Fitzgerald.

„Wo und wofür ich lebte“ erschien im Diogenes-Verlag. Die eine CD kostet € 14,95. „Walden“ erschien unter anderem ebenfalls im Diogenes-Verlag. Da ich deren akutelle Ausgabe am Schönsten finde, verlinke ich Euch diese hier. Sie kostet € 20,00.