Wer kennt sie nicht? Die missmutige Olive Kitteridge. Eine Romanfigur, die so eindrucksvoll ist, dass sie inzwischen eine erfolgreiche Mini-Serie bekam. Vom Pulitzerpreis für die Autorin gar nicht zu sprechen.
Ich kannte sie nicht. Hatte nie von ihr gehört. Bis zu dem Tag, als die Buchhandlungen wieder öffnen durften und ich nach dem Logdown aufgrund der Corona-Pandemie eine neue, Inhaberin geführte Buchhandlung für mich neu entdecken durfte. Es war wirklich lange her, dass ich in einer Buchhandlung war und Zeit für ein längeres Gespräch hatte. Die Buchhändlerin empfahl mir einen Schwung Bücher, unter anderem „Mit Blick aufs Meer“.
Sie musste es bestellen und ich musste mich etwas gedulden, war das Buch schon wieder vergriffen. Doch dann kam es an und ich begann noch am gleichen Abend zu lesen.
In der Kleinstadt Crosby an der Küste Maine ist alles sehr beschaulich. Olive Kitteridge ist mit ihrem Mann Teil dieser kleinen Stadt und Olive ist eine streitbare Frau. Häufig haben ihre Worte Biss, man geht selbst als Leserin in Deckung, wenn sie die Bühne wieder betritt. Doch gleichzeitig kann sie auch warmherzig und rührig sein. Sie begleitet uns, ob wir nun wollen oder nicht, durch das Buch und durch Crosby.
Der Roman wurde vielfach hochgelobt. Und ja, auch ich hatte gute Unterhaltung beim Lesen. Manchmal hielt ich sogar inne, weil mich die Geschichten zum Nachdenken brachten. Gleichzeitig muss ich jedoch einräumen, dass mich das Buch weniger packen konnte, als ich vermutet hätte. Vielleicht war es mir einfach ein bisschen zu unaufgeregt? Oder vielleicht war es mir einfach ein bisschen zu sehr mein beruflicher Alltag? Ich weiß es nicht.
Nun kam ein Nachfolgeband heraus: „Die langen Abende.“ Es liegt sogar schon hier auf dem Nachtisch. Also ganz so schlecht war es dann doch nicht?
Ich weiß es (noch) nicht. Zugegeben, viele Bücher, die mich im Nachinein am meisten beeindrucken konnten und mir lange im Gedächtnis blieben, gefielen mir beim Lesen überhaupt nicht. Allen voran Günter Grass‘ „Katz und Maus“. Ich werde diese U-Boot-Pinkel-Szene nie vergessen und den großen Kehlkopf Mahlkes auch nicht. Olive Kitteridge werde ich auch nie vergessen können, das weiß ich jetzt schon.
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